Ein Meinungsbeitrag von Cornelia Kost (therapiehilfe) und Gudrun Greb (ragazza)
Seit Bekanntmachung der Allgemeinverfügung zur Eindämmung des Coronavirus‘ in Hamburg am 15. März 2020 ist die Ausübung von Prostitution in der Hansestadt verboten und kann mit Bußgeld bis zu 5.000 Euro geahndet werden. Die Sexarbeiter*innen haben somit kein Einkommen mehr, können keine Familien und sich selbst nicht mehr versorgen. Jene, die ihr Gewerbe angemeldet haben, können zwar über den Schutzschirm der Stadt Hilfen beantragen, doch auch das deckt höchstens einen geringen Teil der wegbrechenden Einnahmen. Zudem trifft es gerade bei den suchtmittelabhängigen Sexarbeiter*innen auf die wenigsten zu.
Viele von ihnen hatten bis Mitte März Zimmer an ihrem Arbeitsplatz und wurden von Hotel- oder Pensionsbetreibern vor die Tür gesetzt. Zu den ohnehin in der Stadt schon viel zu zahlreichen Obdach- und Wohnungslosen kommen diese Frauen hinzu, die jetzt nicht mehr wissen, wohin sie gehen können und wo sie übernachten sollen. Neue Wohnungsofferten müssen sehr, sehr teuer bezahlt werden und Frauen in den Modellwohnungen können die Miete nicht zahlen. Migrant*innen können derzeit nicht in ihre Heimatländer zurück.
Viele der Sexarbeiter*innen haben nicht nur vor Corona Angst, sondern auch vor Übergriffen, Gewalt und davor, dass niemand mehr da sein könnte, um ihnen weiterzuhelfen. Es gibt keine adäquaten Angebote, in die sie vermittelt werden können.
Was kann Hamburg für diese Gruppe der suchtmittelabhängigen Sexarbeiter*innen konkret tun?
Wir wünschen uns ein Paket an Maßnahmen, um den Betroffenen schnell und unbürokratisch niedrigschwellig helfen zu können:
1. Für obdachlose Sexarbeiter*innen sollten sofort Unterkünfte bereit gestellt werden, idealerweise mit Verpflegung. Einrichtungen wie Sperrgebiet, Basis und ragazza, die schon jetzt bekannte Anlaufstellen für die Betroffenen sind, sollten dort Beratung und Unterstützung anbieten können. Erfreulicherweise wurde das teilweise am Karfreitag (durch die BASFI) bereits umgesetzt und ragazza hat bereits am Osterwochenende 25 Frauen* eine Unterkunftsmöglichkeit vermitteln können. Jetzt muss gewährleistet werden, dass diese Unterkünfte auch auf Dauer und ausreichend zur Verfügung stehen können.
2. Wohnraum und damit auch Quarantäne Möglichkeiten, ähnlich dem Berliner Modell schaffen : Die Jugendherberge am Stintfang könnten als ad hoc Maßnahme öffnen und auch anderen Hotel- oder Steigenbesitzern könnte die Zusicherung gegeben werde, dass sie für die Unterbringung der dort normalerweise tätigen Sexarbeiter*innen bezahlt werden – dann öffnen sicher einige die Türen.
3. Sofortige und unkomplizierte Substitutionsmöglichkeiten für alle Konsument*innen. Am Drob In wurde damit erfreulicherweise nun begonnen. Dies gilt es, mit Unterstützung der Akteur*innen in der Hamburger Drogenhilfe, zu verstetigen und speziell auch so auszugestalten, dass Sexarbeiter*innen sich trauen, das Angebot ohne Angst vor Gewalt anzunehmen.
4. Gewährleistung von grundlegender gesundheitlicher Versorgung für alle – unabhängig davon, ob versichert oder papierlos.
5. Unkomplizierter Zugang zu Sozialleistungen und zum Soli Fonds (in allen Sprachen).
6. Aussetzung aller Bußgelder.
7. Ausweitung der monetären Nothilfe auch auf bislang nicht nach Prostitutionsschutzgesetz angemeldete Menschen in der Sexarbeit!