Am heutigen Mittwoch, den 10. Februar wird die Hamburgische Bürgerschaft voraussichtlich den neuen Glücksspielstaatsvertrag ratifizieren (Drs-Nr. 22/2058). Dieser muss bis Ende März von mindestens 13 Bundesländern verabschiedet sein, um im Juli 2021 dann in Kraft zu treten. Die HLS sieht der Ratifizierung mit gemischten Gefühlen entgegen. Legales Online-Glücksspiel soll laut Vertrag ab Juli 2021 für eine begrenzte Zahl von Anbietern unter bestimmten Auflagen möglich sein, derzeit ist es nur in Schleswig-Holstein erlaubt. Die HLS begrüßt solch eine bundesweite kontrollierte Legalisierung grundsätzlich, um dem derzeit florierenden illegalen Markt endlich klare Schranken zu setzen. Verschiedene Punkte des Vertrages allerdings sind aus ihrer Sicht nur zu unklar oder lasch geregelt, weshalb in der Vergangenheit Nachbesserungen angemahnt wurden. 

Gerade jetzt in Zeiten des Lockdowns und geschlossener Spielhallen wie Spielbanken floriert bundesweit illegales Online-Glücksspiel, obwohl dies bislang nur in Schleswig-Holstein legal ist. Doch Anbieter werben bundesweit, locken Menschen damit vielfach auf zwielichtige Unterseiten im Internet, Kontrolle ist nur schwer möglich. Etwa eine halbe Million Menschen sind in Deutschland nach aktuellen Schätzungen süchtig nach Glücksspiel, sie verspielen derzeit im Netz teilweise viel Geld, ohne dass irgendjemand dem Schranken setzen könnte

Mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag soll nun ein begrenzter regulierter Markt geschaffen werden, doch an dem Entwurf gibt es aus suchtpolitischer Sicht noch immer verschiedenste Kritikpunkte zum Beispiel in Bezug auf Werbung, Einsatzlimits, Spielersperren und den verzögerten Aufbau der zentralen Kontrollbehörde in Sachsen-Anhalt. Diese Schwächen des Vertragsentwurfes wurden – auch von uns – in den letzten Monaten immer wieder angemahnt, haben leider aber nicht dazu geführt, dass die Bundesländer sich zu einer Überarbeitung des Vertragsentwurfes hätten durchringen können.

Allein in Sachsen-Anhalt gibt es derzeit Widerstand von der SPD gegen den Vertragsentwurf. Als das Land, in dem künftig der Sitz der künftigen Kontrollbehörde verortet sein soll, muss Sachsen-Anhalt zwingend eines der 13 Länder sein, die den Entwurf am Ende ratifizieren.

Dazu Dr. Ulrike Albrecht-Sonnenschein, stellvertretende Vorsitzende der HLS: „Immer wieder haben wir und andere Experten aus dem Bereich Glücksspielsucht in den letzten Monaten auf die Schwachstellen des Vertrages hingewiesen und Nachbesserungen eingefordert, nun wird er wohl von Hamburg und auch in anderen Bundesländern leider ohne diese Nachbesserungen ratifiziert werden. Was in Sachsen-Anhalt noch passiert, beobachten wir mit Spannung. Wir sehen die Ratifizierung mit Bauchschmerzen. Letztlich ist es trotz der Schwachstellen richtig und wichtig, dass es ab Juli in Deutschland nun wohl endlich bundesweit einheitliche Regelungen auch zum Online-Glücksspiel gibt und Schleswig-Holsteins Sonderweg, der den Schwarzmarkt hat florieren lassen, beendet wird.

Es bleibt allerdings das eklatante Problem, dass die ebenfalls im Vertragsentwurf verankerte zentrale Kontrollbehörde erst noch aufgebaut werden muss und ihre Arbeit frühestens 2023 wird aufnehmen können, wenn die neuen Regelungen längst in Kraft sind. Hier muss sichergestellt sein, dass auf anderem Wege bis dahin eine wirksame Kontrolle stattfindet! Außerdem muss illegales Online-Glücksspiel endlich konsequent strafrechtlich verfolgt werden. Manche Länder haben diese Verfolgung derzeit im Hinblick auf das baldige Inkrafttreten des Staatsvertrages ausgesetzt, was Anbieter geradezu einlädt, illegale Angebote genau jetzt zu etablieren. Auch vor dem Hintergrund des Corona-Lockdowns und vieler einsamer Spielender vor den heimischen Bildschirmen ist das der denkbar schlechteste Zeitpunkt dafür und muss ein Ende haben.Die Umsetzung des Staatsvertrages werden wir sehr kritisch verfolgen sowie darauf drängen, dass Schwachstellen auch weiter deutlich benannt werden und in künftigen Staatsverträgen dann hoffentlich Suchtprävention sowie Jugend- und Spielerschutz mehr Beachtung finden.“